Asexualität kann am besten definiert werden als ein nicht vorhandenes oder sehr geringes sexuelles Verlangen. Das sexuelle Verlangen ist dabei so gering, dass kein Interesse an Sexualität mit einem anderen Menschen besteht. In diesem Artikel erläutere ich, warum es aus meiner psychologischen Sicht für Menschen wichtig ist, zu wissen, ob sie asexuell sind.
„ Bin ich asexuell? “, diese Frage stellen sich viele Menschen, die den Eindruck haben, weniger an Sexualität interessiert zu sein als die meisten. Ich kann dies auch daran erkennen, dass jeden Tag weitere Menschen an dem Test „ Bin ich asexuell? „ teilnehmen. Sie nehmen sich die Zeit, den Test zu bearbeiten, weil die Frage offensichtlich für sie wichtig ist.
Warum suchen Menschen eine Antwort?
Warum ist es wichtig für einen Menschen zu wissen, ob er oder sie asexuell ist? Aus meiner psychologischen Sichtweise sehe ich hierfür vier Hauptgründe:
- Sexualität ist bedeutsam. Sexualität ist ein zentrales Element in der Gesellschaft und für die meisten Menschen. Allein die sehr hohen Ausgaben für erotisch assoziierte Werbung oder die enorme Bedeutsamkeit des erotischen Elements in der Weltliteratur und Kunst sind ausreichender Belege für diese Behauptung. Wenn aber ein Mensch den Eindruck hat, diese Bedeutsamkeit nicht selbst zu erleben, beginnt er oder sie, sich Fragen zu stellen, für die er nach Antworten sucht.
- Es herrscht Unsicherheit. Asexualität scheint klar definiert, aber tatsächlich sind viele Menschen unsicher, ob sie asexuell sind oder nicht. Aus Unsicherheit ergeben sich Fragen und der Wunsch nach Antwort. 165 Menschen, die nach eigener Angabe asexuell sind, haben bei unserer laufenden Umfrage angegeben, wie sicher sie sich ihrer Einschätzung sind. Im Diagramm sind die Ergebnisse abzulesen. Deutlich wird, dass mehr als jeder fünfte Befragte, der sich als asexuell verstand, ebenfalls angab, unsicher zu sein. Umgekehrt war sich nur jeder fünfte Mensch völlig sicher, asexuell zu sein.
- Asexualität wird verwechselt. Aus den bisherigen Testergebnissen kann ich klar erkennen, dass Asexualität recht häufig mit anderen Besonderheiten verwechselt wird. Drei Beispiele seien genannt: Es gibt Teilnehmende, die gerne Sexualität hätten, aber hieran durch Schmerzen gehindert werden. Andere Teilnehmende möchten Sex mit einem Menschen haben, finden aber niemanden. Ebenfalls gibt es Teilnehmende, die Sexualität genießen wollen, aber Schwierigkeiten haben, zum Orgasmus zu gelangen. Diese drei Beispiele haben nichts mit Asexualität zu tun, trotzdem haben sich die Betreffenden oftmals vor dem Test als asexuell betrachtet.
- Asexualität benötigt Akzeptanz. Asexualität ist keine psychische und entsprechend auch keine sexuelle Störung. Asexuell zu sein bedeutet einfach nur, kein oder ein nur sehr geringes sexuelles Verlangen zu haben und keinen Sex mit Menschen zu wünschen. Hieraus muss kein Leiden resultieren und niemanden wird dadurch geschadet. Für asexuelle Menschen ist es wichtig, sich als „ganz normale Menschen“ zu sehen und nicht an sich selbst oder ihrer Orientierung zur Sexualität zu zweifeln. Für die Gesellschaft ist es wichtig, asexuellen Menschen mit Akzeptanz begegnen und sich jeder Pathologisierung zu enthalten. Genau deshalb aber müssen Menschen auch wissen, ob sie asexuell sind. Wenn nämlich jemand glaubt, nur deshalb asexuell zu sein, weil er oder sie Schmerzen bei der Sexualität haben, liegt ein Irrtum vor. Denn Schmerzen bei der Sexualität sind eine sexuelle Beeinträchtigung, die heute übrigens durch eine kompetente Sexualtherapie sehr gut behandelbar ist. Asexualität ist demgegenüber keine sexuelle Beeinträchtigung, sondern eine normale Spielart der menschlichen Orientierung zur Sexualität.
Funktion des Tests “ Bin ich asexuell? „
Der von mir entwickelte Test „ Bin ich asexuell? “ erfüllt nach meiner Ansicht eine wichtige Funktion. Er hilft Menschen, ihre Unsicherheit zu reduzieren. Durch den Test können sie klarer erkennen, ob sie asexuell sind oder nicht.
Der Test unterstützt ebenfalls Menschen, Probleme zu überwinden, die mit Asexualität nichts zu tun haben. Er fördert gleichzeitig die Akzeptanz von Asexualität als normalpsychologischer Orientierung zur Sexualität.
Dies motiviert mich, den Test gut im Auge zu behalten und ihn weiter zu verbessern. Für Anregungen bin ich dabei immer dankbar!
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