Konzept und Auswertung des Test „Bin ich asexuell?“

25% der Teilnehmer unserer laufenden Asexualitäts-Umfrage äußerten bisher, dass sie sich unsicher seien, ob sie asexuell seien. Der Test „ Bin ich asexuell ? “ (hier zum Test) soll deshalb Menschen helfen, für sich dies zu klären. Dieser Artikel erklärt das Test-Konzept und stellt auch einige Auswertungen dar. Soeben haben wir aber eine weitaus umfangreichere aktuelle Auswertung des Tests veröffentlicht, die hier nachgelesen werden kann.

Konzept von “ Bin ich asexuell ? „

Der Test „bin ich asexuell?“ stützt sich auf die auf unserer Seite vertretene „integrative Definition von Asexualität“.  Demnach ist der Prototyp von Asexualität ein Mensch, der kein sexuelles Verlangen erlebt, auch nicht im autoerotischen Sinne (Selbstbefriedigung). Um den Prototyp herum existieren weitere Ausgestaltungen. Entsprechend können auch solche Personen als asexuell betrachtet werden, die zwar kein Interesse an Sexualität mit einem Menschen haben, aber ein geringes sexuelles Verlangen aufweisen und sich selbst befriedigen.

Inhaltlich unterscheidet der Test zunächst, ob jemand „sexuell“ oder „asexuell“ ist. Außerdem wird Asexualität über eine Reihe von Fragen abgegrenzt von Schmerzen beim Sex, fehlendem Orgasmus, Erektionsstörungen (Impotenz), Ekel gegenüber Sex, als seelisch schmerzhaft erlebtem Verlust des sexuellen Verlangens, Hemmungen und Selbstunsicherheit, ausgeprägter Autoerotik,  Fetischismus (sexuelles Interesse an Gegenständen), sowie auch von Demisexualität (sexuelles Verlangen kann nur durch eine eng vertraute Person hervorgerufen werden). Die Abgrenzung erfolgt, weil die genannten Phänomene eben nicht mit Asexualität identisch sind und Menschen gleichzeitig darüber verunsichert sind. Mittlerweile berücksichtigt der Test zudem das Konzept der Gray-Asexualität. Teilnehmenden wird in Abhängigkeit von ihren Testeingaben gegebenenfalls zurück gemeldet, dass sie sich möglicherweise als gray-asexuell einordnen könnten.

Aufbau des Tests

Der Test ist adaptiv aufgebaut. Dies bedeutet, dass nicht allen Teilnehmenden alle Fragen gezeigt werden. Der Test bricht vielmehr ab, wenn bereits eine Antwort (Testergebnis) gegeben werden kann. Im Anschluss werden lediglich noch einige Fragen zu Geschlecht, Alter, Zustimmung/Ablehnung zu den Testergebnissen etc. gestellt.

Der Test wird dann beendet, wenn das Ergebnis bereits ausreichend sicher gegen Asexualität spricht. Damit der Test zu dem Ergebnis kommt, dass eine Selbsteinschätzung als asexuell sinnvoll erscheint, müssen demgegenüber alle Fragen durchlaufen werden.

Bei nicht-asexuellen Personen kann es entsprechend vorkommen, dass der Test bereits nach der zweiten relevanten inhaltlichen Frage beendet ist. Wer beispielsweise angibt, dass er/sie Sex mit einem Menschen hat, weil er gerne Sex erlebt, wird nach einer zusätzlichen Frage zu möglicher Demisexualität direkt zu den abschließenden Fragen geleitet.

Bisherige Erfahrungen mit dem Test

Zunächst wurde der Test in einer Vorform ausprobiert und die Rückmeldungen der Teilnehmenden ausgewertet. Dabei wurden auch Kommentare in Foren ausgewertet. Auf dieser Grundlage wurde der Test noch einmal erweitert und verbessert.

Die aktuelle Testform “ bin ich asexuell ? „wurde bisher von 204 Personen vollständig bearbeitet, unter ihnen 128 Frauen, 72  Männer, eine intersexuelle Person und 3 Personen, die die Frage nach dem Geschlecht als unpassend bezeichneten. Dies ist natürlich erst mal nur eine noch geringe Stichprobe. Mit wachsendem Stichprobenumfang werden wir die Auswertungen jeweils aktualisieren und dann auch auf eine umfangreichere Basis stellen.

Ergebnisse

73 Personen bezeichneten sich am Anfang des Tests als asexuell (ja sicher, sicher, ja, eher), 131 bezeichneten sich als nicht-asexuell (nein sicher nicht, nicht, eher nicht).

Nach dem Test bezeichneten sich 68 Personen als asexuell, 136 Personen betrachteten sich als nicht asexuell.

Bei Vergleich der anfänglichen Einschätzung und der Einschätzung nach dem Test zeigte sich, dass 12 Personen sich anfangs als asexuell, nach dem Test aber nicht mehr als asexuell einschätzten. Umgekehrt schätzten sich 7 Personen anfangs als nicht-asexuell ein, nach dem Test aber als asexuell.

179 Personen machten am Ende des Tests Angaben dazu, ob das Testergebnis nach ihrer Einschätzung passte oder nicht. 155 Personen (87%) gaben an, dass Testergebnis passe. 24 Personen (13%)  gaben an, dass das Testergebnis nicht passe.

175 Personen machten Angaben dazu, ob sie den Test gut oder nicht gut fanden. 121 Personen (68%)  gaben an, dass sie den Test gut fänden. 58 Personen (32%) gaben an, dass sie den Test nicht gut fänden. Zwischen denjenigen, die sich abschließend als asexuell oder nicht-asexuell bezeichneten, gab es hier keinen relevanten Unterschied. Bei den Asexuellen bewerteten 66% und bei den Nicht-Asexuellen 68,5% der Teilnehmenden den Test als gut.

Vorläufiges Resümee

Insgesamt liefert der Test Ergebnisse, die von der großen Mehrheit der Teilnehmenden als passend bewertet wurden. Zudem hat der Test bei einzelnen Teilnehmenden zu Neubewertungsprozessen geführt, so dass sie vor und nach dem Test ihre Einschätzung zu einer möglichen eigenen Asexualität veränderten. Auch die Anregung von Selbstreflexions- und Neubewertungsprozessen ist ein wesentliches Ziel des Testes.

Festzustellen ist, dass 68% der Teilnehmenden den Test als gut bewerteten, obwohl 87% der Teilnehmenden das Ergebnis als stimmig bezeichneten. Zwar ist auch eine positive Bewertung durch 2/3 der Teilnehmer ein sehr gutes Ergebnis. Trotzdem stellt sich die Frage, wieso einige Teilnehmer den Test kritisch bewerten, obwohl er ihnen nach eigener Einschätzung die Frage “ bin ich asexuell ?“ korrekt beantwortet?

Die Analyse individuell geäußerter Kritiken zeigte, dass bei den nicht-asexuellen Teilnehmenden Kritik an der Kürze des Tests dominierte. Dies ergibt sich aber daraus, dass der Test abbricht, sobald Asexualität verneint werden kann.  Möglicherweise haben die Teilnehmenden die entsprechenden Hinweise übersehen. Jedenfalls war ein Teil der Teilnehmenden über die Kürze irritiert.

Bei den Asexuellen wurde eher Kritik am multiple-choice Format geäußert oder eine zu hohe Pauschalität der Aussagen kritisiert. Allerdings lässt sich ein solcher automatisch ausgewerteter Test nur durch ein multiple-choice Format umsetzten. Zudem hat sich das multiple-choice Format in der Persönlichkeitspsychologie bereits seit Jahrzehnten als valides Format bewährt. Das heißt, Angaben in multiple-choice Fragebögen bilden tatsächliche Verhaltens- und Erlebensunterschiede ab. Bei „bin ich asexuell?“ wird dies dadurch deutlich, dass die große Mehrheit der Teilnehmenden angibt, dass das Testergebnis richtig sei. Genau hierin wie in der Anregung von Reflexionsprozessen liegt aber das Ziel des Tests.

Dies ist nur ein sehr vorläufiger Trend mit einer geringen Anzahl an Teilnehmenden. Wir werden die weiteren Ergebnisse und auch die Rückmeldungen kontinuierlich auswerten. Der Test soll so weiter verbessert werden. Insgesamt machen aber bereits die vorläufigen Befunde deutlich, dass der Test sich gut eignet, die Frau “ bin ich asexuell ?“ tatsächlich zu beantworten.

Noch nicht am Test “ Bin ich asexuell ?“ teilgenommen? Hier zum Test

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About Author:

Guido F. Gebauer, studierte Psychologie an den Universitäten, Trier, Humboldt Universität zu Berlin und Cambridge (Großbritannien). Promotion an der University of Cambridge zu den Zusammenhängen zwischen unbewusstem Lernen und Intelligenz. Im Anschluss rechtspsychologische Ausbildung, Tätigkeit in der forensischen Psychiatrie und 10-jährige Tätigkeit als Gerichtsgutachter. Gründung der psychologischen Kennenlern-Plattform www.Gleichklang.de 2006. Bloggt u.A. für asexuell.info, Hochsensible.eu, vegan.eu.

11 thoughts on “Konzept und Auswertung des Test „Bin ich asexuell?“

  1. Ich zweifle schon auch am Ergebnis und der Ausführlichkeit des Tests… bin zwar nicht asexuell und würde mich so auch nicht bezeichnen. Und doch scheint zb demisexualität dazu zu zählen. Ich lebe seit Ca 15? Jahren asexuell und war nie der Turner- und GymnastikTypus. Eher mit kurzen Ausnahmen lebe ich lebenslang asexuell bzw masturbativ, weil ich es als für mich Beste Alternative einteile.der Test aber war nach 3?/5? Fragen bis zur hartnäckig erkämpften zehnten? Stets antwortend ich sei sicher nicht asexuell. Irgendeine bis zwei antworten wurden da drastisch überbewertet, die Unterscheidung von genotypus und phänotypus fand nicht statt, das Ergebnis war unumstösslich … etwas absolut das ganze. Waren es die Fragen zur masturbation und zur Befriedigung eines (imaginären) Partners?
    Aber wie gesagt, andererseits teile ich mich auch nicht so ein. Und zum nachdenken und -forschen regte er auch an.

    1. Hallo Biro,

      danke für deinen Kommentar. Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du, dass du nicht asexuell bist und dich auch als solches nicht bezeichnest. Dies ist dann offenbar auch das Ergebnis des Tests gewesen. Insofern scheint nach meinem Verständnis ja doch der Test recht gut gepasst zu haben. Ich kenne deinen individuellen Testverlauf nicht, allerdings ist der Test nicht unumstößlich, da du dich über ein Zwischenergebnis hinwegsetzen kannst. Wir raten dies nur zu tun, wenn du dafür Gründe hast. Immer wenn du ein Zwischenergebnis verwirfst, ist wieder alles offen. Da ich auf deinen individuellen Ergebnisse nicht zugreifen kann, kann ich nur vermuten, warum der Test bei dir zu dem Ergebnis gelangte, dass Asexualität eher nicht die für dich „passende Kategorie“ zu sein scheint. Möglicherweise hängt es in der Tat mit den Aspekten „Stärke des sexuellen Verlangens“, „Ebene der sexuellen Phantasie“ und des „Bedürfnis nach Sex mit einem Menschen“ oder auch „Intensität und sexuelle Bedeutsamkeit der Selbstbefriedigung“. Mindestens hat der Test auch bei dir, wie du abschließend schreibst, seinen Hauptzweck erfüllt: Anregung zum Nachdenken und Forschen!

      Viele Grüße,
      Guido

  2. Mir fehlt etwas die Sex-Definition: Wo stehen Zärtlichkeiten und Streicheln? Sex oder nicht ?? Oder nur, wenn es im Intimbereich zum Orgasmus führt ?? Oder auch sonst ??

    1. Sex ist dort, wo es um sexueller Erregung und Befriedigung geht. Wenn Zärtlichkeit keine sexuellen Motive beinhaltet, ist sie nicht Sexualität. Aber die Grenze ist in der Tat dünn.

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