Der Test „ Bin ich asexuell? “ (hier zum Test) soll Menschen helfen, für sich zu klären, ob sie asexuell sind oder ob möglicherweise andere sexualitätsbezogene Besonderheiten vorliegen.
Dies ist wichtig, weil Asexualität zuweilen mit anderen Besonderheiten des Sexualverhaltens verwechselt wird. Beispiele hierfür sind sexuelle Funktionsstörungen (Erektionsstörung, Orgasmusbeeinträchtigung), Schmerzen bei der Sexualität, Verlust des sexuellen Verlangens, sexuelle Hemmungen, Demisexualität (sexuelle Ansprechbarkeit nur durch einen geliebten Partner), Fetischismus (sexuelle Ansprechbarkeit durch Gegenstände) oder auch einfach nur ein eher geringes sexuelles Interesse.
Der Test „ Bin ich asexuell? “ führt die Teilnehmenden durch eine Reihe von Fragen, die Merkmale von Asexualität und andere sexualitätsbezogene Aspekte voneinander differenzieren.
Wie hilfreich ist der Test für die Teilnehmenden?
Eine erste grobe Auswertung mit einer noch kleinen Stichprobe wurde bereits vorher veröffentlicht. Mittlerweile haben an dem Test 479 Personen teilgenommen (Stand September 2016). Genug, um die Ergebnisse ausführlicher zu analysieren. Die Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt
Ergebnisse des Tests “ Bin ich asexuell? „
Eigene Einschätzung „vorher“ und „nachher“
- 20 Personen gaben am Anfang des Tests an, dass sie auf jeden Fall asexuell seien. 66 kreuzten ein einfaches Ja an. 161 gaben ein eher ja an. Umgekehrt gaben 37 Personen an, auf keinen Fall asexuell zu sein. Ein einfaches Nein kreuzten 61 Personen an. 134 Personen gaben ein eher nein an.
- Nach dem Test bezeichneten sich 22 als auf jeden Fall asexuell. 82 gaben ein einfaches Ja an. 137 kreuzten eher ja an. Umgekehrt gaben 37 an, auf keinen Fall asexuell zu sein. 68 kreuzten ein einfaches Nein an. 134 gaben eher nein an.
Bewertung
Die Daten zeigen, dass nach Abschluss des Tests die Anzahl der Personen, die asexuell insgesamt mindestens eher bejahen, etwas geringer ist als zu Beginn des Tests. Demgegenüber nimmt aber die Anzahl der Personen, die Asexualität für sich sicher oder mindestens mit einfachem Ja bejahen, zu. Nach dem Test gibt es also mehr Personen, die mit absoluter (ja, auf jeden Fall) oder hoher Sicherheit (ja) angeben, asexuell zu sein.
Veränderungs-Verläufe
- Anfangs „ja, auf jeden Fall“ asexuell: 14 Teilnehmender bleiben bei ihrer Einschätzung. Vier reduzieren ihre Sicherheit auf ein einfaches Ja. Eine Person gibt ein eher ja an. Eine Person kreuzt am Ende sogar ein eher nein an.
- Einfaches Ja am Anfang: 50 Teilnehmende bleiben bei ihrer Einschätzung. Fünf geben nun aber stattdessen ein ja, auf jeden Fall an. Neun geben ein eher ja an. Jeweils eine Person kreuzen am Ende des Tests eine eher nein oder ein nein an.
- Eher ja am Anfang: 112 Teilnehmende bleiben bei ihrer Einschätzung. 27 geben aber stattdessen nun ein einfaches Ja an. Zwei geben sogar ein ja, auf jeden Fall an. 20 wechseln demgegenüber zum eher nein.
- Eher nein am Anfang: 104 Teilnehmende bleiben bei ihrer Einschätzung. 13 geben nun aber stattdessen ein eher ja an. Eine Person gibt ein einfaches ja an. 16 Personen geben am Ende ein einfaches Nein an. Eine Person kreuzt ein nein, auf keinen Fall an.
- Einfaches Nein am Anfang: 50 Teilnehmende bleiben bei ihrer Einschätzung. Drei geben stattdessen ein nein, auf keinen Fall an. Sieben wechseln zu einem eher Nein. Eine Person kreuzt am Ende ein eher Ja an.
- Nein, auf keinen Fall am Anfang: 33 Teilnehmende bleiben bei ihrer Einschätzung. Eine Person gibt stattdessen ein nein und eine Person eine eher nein an. Eine weitere Person kreuzt am Ende eine eher ja an und eine Person gibt nunmehr sogar ein ja, auf jeden Fall an.
Bewertung
Die Ergebnisse zeigen, dass der Test bei einzelnen Personen zu einer deutlichen Veränderung ihrer Selbsteinschätzung führen kann. Der Test ermöglicht den Teilnehmenden, ihre Einschätzung, asexuell oder nicht-asexuell noch einmal für sich selbst zu überprüfen. Die Ergebnisse zeigen, dass solche Überprüfungsprozesse tatsächlich stattfinden. Der Test führt nicht einfach nur zum gleichen Ergebnis wie es die Teilnehmenden bereits vor dem Test annahmen. Dies entspricht dem Ziel des Tests, einen Raum für die eigene Reflexion und die Veränderung der eigenen Selbstwahrnehmung und Selbstbezeichnung als asexuell oder nicht-asexuell zu schaffen.
Zuordnungen durch den Test
Der Test an sich ordnete 166 Personen als asexuell ein. Bei 186 Personen gelangte der Test zu dem Ergebnis nicht-asexuell ohne weitere Besonderheiten.
Bei allen weiteren Personen gelangte der Test zu der Einschätzung, dass wegen vorhandenem sexuellen Verlangens keine Asexualität vorliegt, aber andere Besonderheiten bestehen:
Demisexuell (33 Personen, Wunsch nach Sexualität nur mit einer geliebten Person), gray-asexuell (20 Personen, schwaches sexuelles Verlangen vorhanden), Verlust des sexuellen Verlangens (18 Personen, wird schmerzlich erlebt, Sexualität wird gewünscht), Ekel vor Sexualität (17 Personen, wird schmerzlich erlebt, Sexualität wird gewünscht), Orgasmusbeeinträchtigung (14 Personen, Sexualität wird gewünscht), selbstunsicher/gehemmt (14 Personen, haben Angst vor Kontaktaufnahme und Sexualität, die sie aber wünschen), Schmerzen bei Sexualität (10 Personen, möchten gerne Sexualität ohne Schmerzen), sowie Fetischismus (eine Person, sexuelle Erregung durch Gegenstände).
Bewertung
Die Ergebnisse zeigen ein breites Spektrum an Einordnungen durch den Test, die von der einfachen Einordnung als asexuell oder nicht-asexuell über eine Vielzahl an möglichen Besonderheiten der Sexualität reichen. Dies entspricht dem Anspruch des Testes, den Teilnehmenden eine differenzierte Selbsteinschätzung zu ermöglichen, die über die reine Bezeichnung als asexuell oder nicht-asexuell hinausgeht.
Beziehung Testergebnis und abschließende Selbsteinordnung
- 20 von 22 Personen waren nach Test asexuell, die sich am Ende des Tests selbst als sicher asexuell einstuften (ja, auf jeden Fall).
- 69 von 82 Personen waren nach Test asexuell, die sich am Ende des Tests selbst als asexuell einstuften (ja).
- 76 von 137 Personen waren nach Test asexuell, die sich am Ende des Tests selbst als eher asexuell einstuften (eher ja).
- 10 von 134 Personen waren nach Test asexuell, die sich am Ende des Tests selbst als eher nicht asexuell einstuften (eher nein).
- keine von 68 Personen waren nach Test asexuell, die sich am Ende des Tests selbst als nicht asexuell einstuften (nein).
- keine von 37 Personen waren nach Test asexuell, die sich am Ende des Tests selbst als sicher nicht asexuell einstuften (nein, auf keinen Fall).
Bewertung
In den Ergebnissen ist ersichtlich, dass ein Großteil der Teilnehmenden mit dem Abschlussergebnis in der eigenen Selbsteinschätzung übereinstimmt. Am häufigsten zeigt sich eine Abweichung in der Tendenz bei der Einschätzung eher asexuell, wo das Testergebnis in mehr als der Hälfte der Fälle keine Asexualität festgestellt hat. Allerdings bringt das „eher ja“ auch bereits a priori eine deutlich reduzierte Sicherheit in die eigene Asexualität zum Ausdruck.
Insgesamt entspricht das Testergebnis also in hohem Ausmaß den Selbstbewertungen der Teilnehmer, wie sie sich nach dem Testergebnis ergeben. Das Testergebnis scheint mit der Selbstsicht der Teilnehmenden im Regelfall gut vereinbar, auch wenn es einzelne Abweichungen gibt.
Direkte Angaben zur Angemessenheit des Tests
Die Teilnehmenden werden am Ende des Tests ebenfalls gefragt, ob das Testergebnis passt und ob sie den Test für gut halten. Da diese Frage erst später eingeführt wurde, liegen keine Daten für alle, wohl aber für die meisten Teilnehmenden vor:
- 366 von 425 Befragten (86%) gaben an, dass das Ergebnis passte.
- 314 von 425 Befragten (74%) gaben an, dass sie den Test für gut hielten
Bewertung
Es liegt ein hohes Maß an Zustimmung zu den Testergebnissen und zum Test insgesamt vor. Der Test stößt insofern auf Akzeptanz durch die an ihm Interessierten.
Zusammenfassung
Der Selbsttest „ Bin ich asexuell? “ (hier zum Test) ermöglicht eine differenzierte Betrachtung von Asexualität und anderen sexuellen Besonderheiten. Dadurch ist es möglich, Asexualität von diesen anderen sexualitätsbezogenen Besonderheiten mit recht hoher Eindeutigkeit zu trennen. Dies kann für die Betreffenden im Einzelfall klare Handlungskonsequenzen haben.
So sind beispielsweise mit Asexualität und sexuellen Funktionsstörungen völlig unterschiedliche Handlungskonsequenzen verbunden. Während es bei Asexualität um Annahme und Akzeptanz geht, können sexuelle Funktionsstörungen durch geeignete Behandlungsmaßnahmen überwunden oder mindestens abgemindert werden. Wenn jemand also allein aufgrund von sexuellen Funktionsstörungen, Hemmungen oder Schmerzen auf Sexualität verzichtet, ist er oder sie nicht asexuell, sondern leidet an einer Problematik, die verändert werden kann. Umgekehrt sind aber Maßnahmen zur Veränderung nicht sinnvoll, wenn eine Asexualität besteht, sondern hier ist Akzeptanz das Ziel.
Die Auswertungen zeigen, dass oftmals die Selbsteinschätzungen zu Beginn und am Ende des Tests mit den Testergebnissen übereinstimmen. Ebenfalls gibt es aber eine Reihe von Personen, bei denen der Test zu neuen Einsichten führt. Die Ergebnisse des Tests sind nicht mit der Selbsteinschätzung vor dem Test identisch. Ebenfalls gibt es Teilnehmende, die mit dem Ergebnis des Tests nicht übereinstimmen. Die große Mehrheit der Personen hält das letztliche Testergebnis aber für passend, wobei deutlich mehr als 2/3 den Test auch insgesamt als positiv bewerten.
Sehr gut sichtbar wird aus den Angaben der Teilnehmende, dass sich tatsächlich viele Personen unsicher sind über das Vorliegen einer möglichen Asexualität:
Nur sehr wenige Teilnehmende wählten die stärkste Bejahung für das mögliche Vorliegen von Asexualität (ja, auf jeden Fall), während eine weitaus größere Anzahl die unsicherste Form der Bejahung (eher ja) ankreuzte.
Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass der Selbsttest „ Bin ich asexuell? “ einem tatsächlichen Bedarf entspricht. Der Test kann und soll Menschen bei der Reflexion über diese Frage unterstützt.
Resümee
Der Test „ Bin ich asexuell? “ stellt Interessierten einen fundierten Fragenkatalog zur Verfügung, der es ihnen ermöglicht, ihre Einschätzung, asexuell oder nicht-asexuell zu sein, noch einmal für sich selbst zu überprüfen. Ebenfalls werden sie dabei angeleitet, verschiedene Alternativen zu berücksichtigen. Die Ergebnisse von “ Bin ich asexuell? “ zeigen, dass solche Überprüfungsprozesse tatsächlich stattfinden und dass die große Mehrheit der Teilnehmenden das Ergebnis als für sich passend bewertet.
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