Was bedeutet es, asexuell zu sein?
Asexualität ist noch kein in der Wissenschaft einhellig akzeptierter und übereinstimmend definierter Begriff. Der Begriff der Asexualität dient vorwiegend auch als Selbstbeschreibung von Menschen, die sich als asexuell erleben. Im Prozess von Selbstdefinitionen schwankt der Bedeutungsgehalt von Asexualität, was Stärke und Schwäche zugleich ist. Im Folgenden wird versucht Asexualität über eine strenge und im Anschluss über eine integrativere Definition zu bestimmen.
Asexuell stringent gesehen
Der Begriff “ asexuell “ bezieht sich im strengen Sinne auf das Fehlen eines jeden Interesses an Sexualität. Personen sind demnach asexuell, wenn sie keinerlei Interesse an Sexualität haben. Dies bedeutet wiederum in strengen Sinn, dass Asexuelle:
- kein sexuelles Verlangen verspüren
- sich sexuell nicht durch andere Personen angezogen fühlen
- keine (selbst gewollten) sexuellen Handlungen unternehmen, um zur sexuellen Befriedigung zu gelangen.
In diesem strenge Sinne sind also auch Personen, die sich selbst befrieden, nicht asexuell.
Unklarheiten
Asexualität wird oft als sexuelle Orientierung verstanden. Typischerweise wird unter einer sexuellen Orientierung in der Wissenschaft aber die Ausrichtung der Sexualität auf ein Sexualobjekt betrachtet. Die heterosexuelle Frau ist in ihren sexuellen Wünschen entsprechend auf einen Mann ausgerichtet, die homosexuelle Frau auf eine Frau, die bisexuelle Frau auf Männer und Frauen. Analog gilt das Gleiche natürlich für Männer. Pansexuell ist eine Person, deren sexuelle Interessen völlig unabhängig vom Geschlecht ist.
Gemäß der strengen Definition weisen Asexuelle keine spezifische sexuelle Orientierung auf, sondern kennzeichnen sich vielmehr durch eine Abwesenheit eines sexuellen Verlangens. Körperlich-physiologisch sexuelle Erregungsprozesse können trotzdem vorhanden sein, werden von Asexuellen nach der strengen Definition aber nicht angestrebt, nicht bewusst hervorgerufen und nicht als Ausgangspunkt für sexuelle Befriedigung genutzt. In einem weniger stringenten Sinne kann Asexualität aber als eine Orientierung zur Sexualität beschrieben werden.
Gegenpol Hypersexualität
Das Gegenteil von Asexualität ist Hypersexualität. Hypersexuelle haben ein stark gesteigertes Verlangen nach Sexualität, sodass sie einen großen Teil des Alltags mit sexuellen Fantasien oder sexuellen Aktivitäten – oftmals Selbstbefriedigung – verbringen. Auch Hypersexualität ist keine sexuelle Orientierung im eigentlichen Sinne, sondern eine Besonderheit der Stärke des sexuellen Verlangens.
Die Stärke des sexuellen Verlangens unterliegt einer sogenannten Normalverteilung, bei dem die meisten Menschen sich in einem Durchschnittswert befinden. Asexualität und Hypersexualität können entsprechend als Gegenpole an den beiden Verteilungsenden der Stärke des sexuellen Verlangens betrachtet werden. Dabei ist das sexuelle Verlangen bei Asexualität gemäß der strengen Definition so gering, dass es mindestens subjektiv nicht mehr wahrgenommen wird. Entsprechend möchten Asexuelle auch nicht sexuell aktiv sein.
Asexuell integrativer betrachtet
Allerdings lässt sich Asexualität auch weniger streng und insofern integrativer definieren. Bei der strengen Definition würden Personen, die sich selbst als asexuell betrachten, aber masturbieren, nicht als asexuell bezeichnet werden. Oftmals wird innerhalb asexueller Diskussionsforen demgegenüber Asexualität als kein Widerspruch zu praktizierter Selbstbefriedigung gesehen. Entscheidend sei vielmehr der fehlende Wunsch nach Sexualität mit einem Menschen. Menschen, die keine Sexualität mit einem anderen Menschen wünschen, sich aber selbst befriedigen (Autoerotismus), sind demnach dennoch asexuell.
Gefahr der Überladung
Teilweise wird dieses Kriterium sogar so stark betont, dass selbst Personen als asexuell gelten, die sich nicht sexuell für Menschen, wohl aber für Gegenstände (Fetischismus) interessieren. Damit aber besteht eine Gefahr der Überladung des Begriffes der Asexualität, der so zu sehr von seiner eigentlichen durch das „a“ implizierten Bedeutung entfernt wird. Dies wiederum kann dazu führen, dass sich Menschen unter dem gleichen Begriff vereinen, die womöglich tatsächlich keine Ähnlichkeiten miteinander aufweisen.
Die Gefahr einer Überladung des Begriffs lässt sich auch gut anhand der Selbstbefriedigung aufzeigen: Es gibt dezidiert hypersexuelle Menschen, deren sexuelle Aktivitäten sich ausschließlich auf Selbstbefriedigung beziehen und die einen Großteil des Tages mit Masturbation verbringen. Wenn allein der nicht gegebene Wunsch nach Sexualität mit einem Menschen zur Definition asexuell führt, würden entsprechend auch solche hypersexuell orientierten Menschen als asexuell bezeichnet werden. Dies erscheint aber sinnwidrig. Durch eine derartige Überladung des Begriffes der Asexualität würde das Verständnis der Erlebnisbesonderheiten asexueller Menschen letztlich eher erschwert als erleichtert.
Integrative Lösung
Ist es möglich, eine Definition zu finden, die nicht zu viele Personen ausschließt, aber andererseits nicht hypersexuell ausgerichtete oder fetischistisch orientierte Personen als asexuell bezeichnet? Anders formuliert: Kann eine grundlegende Gemeinsamkeit identifiziert werden, die es erlaubt, Menschen unter dem Mantel der Asexualität zu vereinen, die tatsächlich durch eine vergleichbare Ausrichtung miteinander verbunden sind – obwohl nicht alle von ihnen vollständig von sexuellen Praktiken Abstand genommen haben?
Um zu einer solche integrativen, aber nicht überladenen Definition zu gelangen, kann vom Prinzip des Prototyps Gebrauch gemacht werden. Der Spatz ist ein Prototyp für einen Vogel, der Pinguin weniger, dennoch sind beide Vögel. Im analogen Sinne könnte die Person ohne jedes sexuelles Verlangen und ohne sexuelle Aktivitäten als Prototyp für einen asexuell ausgerichteten Menschen gesehen werden. Um den Prototyp herum sind aber weitere Ausgestaltungen denkbar. Als entscheidende Bestimmungsbasis bietet sich die Verteilung der Stärke des sexuellen Verlangens an. Demnach könnten um den asexuellen Prototyp herum auch noch solche Personen als asexuell betrachtet werden, die zwar ein geringes sexuelles Verlangen und kein Interesse an Sexualität mit einem Menschen haben, aber sich dennoch selbst befriedigen.
Grenzziehung nicht eindeutig
Ohne hier eine genaue Linie bestimmen zu wollen, würden nach dieser Definition diejenigen Personen nicht mehr als asexuell bezeichnet werden, die zwar ebenfalls nicht mit Menschen sexuell verkehren, sich aber so oft selbst befriedigen, dass Masturbation für sei eine sexuell in hohem Ausmaß bedeutungsvolle Aktivität darstellt. Nach der integrativen Definition bedeutet Asexualität also die Abwesenheit des Wunsches nach Sexualität mit einem anderen Menschen bei nicht vorhandenem oder geringem sexuellen Verlangen, welches sich höchstens in nicht-hochfrequenter Selbstbefriedigung äußert.
Um den Begriff nicht zu überladen, aber auch nicht Menschen mit hoher Ähnlichkeit zum Prototyp auszuschließen, kann demnach Asexualität integrativer definiert werden als eine weitgehende Abwesenheit von sexuellen Verlangen, so dass sich sexuelle Aktivitäten höchstens – aber nicht in übersteigerter Form – auf Selbstbefriedigung beziehen.
Häufigkeit von Asexualität
Da der Begriff der Asexualität wissenschaftlich noch nicht etabliert und das Phänomen nur geringfügig wissenschaftlich untersucht ist, gibt es bisher keine belastbaren Befunde zur Häufigkeit der Asexualität. Die wenigen Studien, die vorliegen, weisen aber darauf hin, dass Asexualität offenbar sehr selten ist und höchstens 1 % der Bevölkerung betrifft. Die entsprechende Umfrage-Studie von Bogart (2004) gelangte zu einem geschätzten Anteil an Asexuellen in der Bevölkerung von 1%. Bogaert definierte dabei eine Person als asexuell, wer sich nach eigener Angabe noch nie durch einen anderen Menschen sexuell angezogen fühlte.
Diese Definition schließt aber Personen ein, die sich hochfrequent selbst befriedigen oder sich sexuelle für nicht-menschliche Sexualobjekte interessieren. Eingeschlossen sind auch Menschen, die sich durchaus sexuell interessieren, aber denen noch kein Mensch begegnete, den sie dann als anziehend erlebten. Die Schätzung von einem Prozent in dieser Studie dürfte insofern eher eine Überschätzung der Häufigkeit von Asexualität darstellen. Insofern ist davon auszugehen, dass die Befragung von Bogaert den Anteils von asexuellen Menschen an der Allgemeinbevölkerung nur grob abzuschätzen hilft, wobei von einem maximalen Anteil von 1% an der Gesamtbevölkerung auszugehen ist.
Auch die Erfahrung mit der Vermittlung asexueller Mitglieder durch Gleichklang.de sprechen dafür, dass Asexualität sehr selten ist. Wir haben in unserer Außendarstellung die Vermittlungsoption für Asexuelle sehr deutlich gemacht. Es gab auch mehrere Presseberichte. Beim Suchen bei Google mit Begriffen, wie „asexuell“ oder „Partnersuche asexuell“, wird Gleichklang schnell gefunden. Dennoch beträgt der Anteil asexueller Mitglieder bei Gleichklang an der Gesamtmitgliedschaft lediglich 1%. Dies spricht für eine Obergrenze von einem Prozent.
Schlussfolgerungen
Asexualität lässt sich als abwesendes oder sehr geringes sexuelles Verlangen definieren, wobei sich sexuelle Aktivitäten höchstens auf Selbstbefriedigung beziehen. Als grobe Schätzung kann von einem Prozentanteil asexueller Menschen von (maximal) 1% an der Gesamtbevölkerung ausgegangen werden. Allerdings befindet sich die Forschung zu Asexualität noch in den Kinderschuhen und sichere Aussagen sind daher nicht möglich.
Weiter Lesen
Auch unter Rückgriff unter vorläufige Ergebnisse unserer Umfrage gehen wir der Thematik „Asexualität“ in weiteren Artikeln systematisch nach. Die Artikel werden wir kontinuierlich aktualisieren und weitere Beiträge veröffentlichen. Ebenfalls werden wir bei hinreichend großen Stichprobenumfang die Gesamtergebnisse der Umfrage in einem separaten Beitrag ausführlich darstellen.
Übersicht über alle Artikel:
Ich habe heute die asexuelle 26 jährige Frau in der TV-Sendung -make love- ZDF gesehen und war sehr beeindruckt von ihr und ihrer Offenheit zu diesem Thema.
„“Dennoch beträgt der Anteil asexueller Mitglieder bei Gleichklang an der Gesamtmitgliedschaft lediglich 1%. Dies spricht für eine Obergrenze von einem Prozent.““
Hier dürften Asexuelle fehlen, die etwa das Internet nicht nutzen, keine Kontakte durch Internet -Möglichkeiten in Erwägung ziehen,(asexuelle AromantikerInnen) oder sich nicht anmelden möchten, bzw. das Geld nicht für Partnervermittlung auf der Seite haben.Ich weiß nicht, ob, oder wie signifikant solche Geringstmengen sind.
Dort:
„“Diese Definition schließt aber Personen ein, die sich hochfrequent selbst befriedigen oder sich sexuelle für nicht-menschliche Sexualobjekte interessieren. „“
…gibt es ein ‚e‘ zu viel. 😉
Es mag viele Gründe geben, aber da wir sehr gut gefunden werden und weil die Zahl 1% auch anderen Studien entspricht, dürfte es doch im Wesentlichen eine korrekte Schätzung sein.
Ihr degenerierten perversen Hetzer!
Menschen die an HSDD (Hypoactive Sexual Desire Dysorder) leiden sind NICHT „asexuell“.
Du hast den Artikel nicht richtig gelesen oder nicht verstanden. Womöglich hast du etwas Schaum vor dem Mund und kannst deshalb nicht mehr klar denken, jedenfalls stützen Deine Beschimpfungen diese Annahme.